Sie sind hier: Länder > Uruguay > Berichte aus Uruguay > 

Onlinespende HelpDirect

jetzt online spenden

29.03.2022

Kleine Kirche mit großem Herz

Soziales Engagement ist für die methodistische Kirche in Uruguay ein zentrales Aufgabenfeld. Neu entstanden ist nun eine Arbeit mit obdachlosen Menschen in der Hauptstadt Montevideo.

Was in dieser Innenstadtgemeinde als offenes Jugendprogramm startete ist nun durch Corona zur Anlaufstelle für Obdachlose geworden

Igor stammt aus Russland. Nach der Annexion der Krim 2014 hat er aus verschiedenen Gründen, aber auch aus Ärger über die Politik seiner Regierung das Land verlassen. Zuerst kam er nach Brasilien, dann nach Uruguay. Dort ist er aber inzwischen auf der Straße gelandet. Bei meinem Besuch unserer Partnerkirche in Uruguay habe ich ihn im Obdachlosenprojekt in Montevideo getroffen. Da er in seinem bewegten Leben auch einige Monate in Deutschland gelebt hat, spricht er mich sofort an und erzählt etwas von seiner Geschichte. Hier im Projekt hat er Hilfe, Anerkennung und neue Freunde gefunden.

Kirchengebäude neu nutzen

Vor wenigen Jahren hat die methodistische Kirche in Uruguay in den Räumen einer Innenstadtgemeinde, in der sonntags nur noch eine sehr kleine und alte Gemeinde zusammenkommt, ein offenes Jugendprojekt gestartet. 25 bis 30 Jugendliche kamen zusammen, bis Corona 2020 das Ganze zunächst stoppte. Als die Mitarbeitenden 2021 wieder beginnen konnten, stellten sie fest, dass viele der Jugendlichen inzwischen auf der Straße lebten oder arbeitslos waren.

Ein Angebot für Obdachlose

An der Kirche »parken« die Müllwagen, mit denen die Obdachlosen im Auftrag der Stadt Montevideo unterwegs sind.

So wurde das Projekt kurzerhand der neuen Situation angepasst. Für einige Zeit erhielt die Kirche von der Regierung Unterstützung und konnte so fünf Tage die Woche bis zu 50 Obdachlose, bedürftige Jugendliche und auch ältere Menschen versorgen und betreuen. Schnell kam eine Beschäftigungsmöglichkeit dazu: Die Stadt ermöglichte den Obdachlosen, einen halben Tag lang gegen Bezahlung bei der Straßenreinigung mitzuarbeiten. Darum stehen bis heute sicher 30 kleine Handwagen der Stadtreinigung im Eingangsbereich der Kirche, wenn sie nicht gerade unterwegs sind. Leider wurde der Zuschuss der Stadt inzwischen deutlich reduziert, sodass das Projekt nur noch zwei Tage die Woche öffnen kann.

Das Angebot der Kirche wird von Menschen jeden Alters gerne angenommen.

Wichtige Anlaufstelle

Das Angebot beginnt mit einem Frühstück am Morgen bevor viele zum Straßenkehren gehen und dann zum Mittagessen und anschießenden Gesprächs- und Beratungsangeboten zurückkommen. Mich hat sehr beeindruckt, dass die kleine Kirche in Uruguay (ca. 20 Gemeinden, weniger als 1.000 Glieder) so schnell auf die neue wirtschaftliche Situation reagiert hat. Und das, obwohl sie in Montevideo schon drei andere soziale Projekten betreibt (Behinderteneinrichtung, Kindergarten für Bedürftige, Kinderheim).

Freiwillige unterstützen

Brayan aus Mexiko (links) und Reeba aus Honduras unterstützen als Freiwillige das Obdachlosenprogramm

Zurzeit helfen zwei Freiwillige aus Honduras und Mexiko in diesen Projekten – beide von unserem internationalen Missionswerk GBGM im Rahmen ihres Freiwilligenprogramms nach Uruguay entsandt. Diesen Sommer soll auch ein junger Mann aus Deutschland über unser Freiwilligenprogramm nach Montevideo reisen und ein Jahr in der Behinderteneinrichtung (IBV) mitarbeiten.

Förderung sichern

Übrigens hat mich Igor am Ende des Besuches noch einmal eindrücklich gebeten, ob wir nicht helfen könnten, dass das Projekt wieder fünf Tage die Woche öffnen kann. Aufgrund unserer Partnerschaftsvereinbarung mit Uruguay, die bewusst keine Projektförderung vorsieht, wollen wir uns in Absprache mit der Kirchenleitung hier nicht finanziell engagieren. Die Verantwortlichen vor Ort bemühen sich aber intensiv, wieder mehr Unterstützung von der Stadt Montevideo zu erhalten. Denn nur so kann dieses Projekt längerfristig gut und gesichert arbeiten.

Frank Aichele