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»Malihambe Melodies« bewegt [siehe]

12.09.2019

Eine Reise ins Ungewisse

Gemeinsam unterwegs auf einer Chorbegegnungsreise der EmK-Weltmission in Kooperation mit der Mission Unit der Methodist Church of Southern Africa (MCSA) waren vom 8 bis 26. August zwei Projektchöre aus Deutschland und Südafrika. 30 Sängerinnen und Sänger verschiedener Kulturen und Generationen tourten, unter der Chorleitung von Annekathrin Buchold und Armstrong Masiane, zwei Wochen lang durch den Osten von Südafrika.

Die Sängerinnen und Sänger der Chorbegegnungsreise der Mission Unit der Methodist Church of Southern Africa (MCSA) in Kooperation mit der EmK-Weltmission

Vorfreude

In den Wochen bevor unsere Reise tatsächlich losging, haben mir Freunde immer wieder erzählt, wie begeistert sie von Südafrika sind. Ich habe ihnen zugehört und dachte, ich verstehe wovon sie reden, denn auch mich haben schon viele Länder sehr beeindruckt und geprägt. Doch sobald ich in Südafrika ankam, begriff ich, ich hatte nichts verstanden. Ich konnte mir zuvor beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein einziges Land so viele verschiedene Facetten haben kann, dass so viele unterschiedliche Kulturen Teil eines Landes sein können und dass jede bestehende Kultur innerhalb des Landes heute aber auch ihren berechtigten Platz hat. Denn nur gemeinsam machen sie Südafrika zu dem, was es heute ist. Ein Land voller Kontraste, in dem alles, was als „typisch südafrikanisch“ oder als „normal“ gilt, nur einen Bruchteil von dem beschreibt, was es wirklich ausmacht. Ein Land, dessen Geschichte man kennen muss, um die Menschen zu verstehen und um ihnen angemessen zu begegnen.

Die drei Leiter der Chorreise: Musi Losaba, Missionssekretär der MCSA, Chorleiterin Annekathrin Buchold und Chorleiter Armstrong Masiane

Verbindendes

Doch lasst mich ganz von vorne beginnen. Angefangen hat alles mit einer Chorreise des »Ephata«-Chores der EmK Friedrichsdorf im Jahr 2008 nach Südafrika, woraufhin im Jahr 2014 ein Gegenbesuch des Chores »Malihambe Melodies« in Deutschland stattfand. Anders als bei den vorherigen Besuchen sollte bei dieser Reise die Begegnung von jungen Menschen beider Länder im Mittelpunkt stehen. Nicht als zwei Chöre, sondern gemeinsam wollten wir in Südafrika auftreten.

Unabhängig von unserer Herkunft war unsere Leidenschaft zur Musik und unser gemeinsamer Glaube das, was uns zusammengebracht, von Anfang an verbunden und uns die ganze Zeit über begleitet hat. Egal, ob auf langen Fahrten im Bus, beim Sightseeing, auf den Straßen, bei Gottesdiensten oder bei Konzerten. Musik war der Mittelpunkt der Begegnung. Musik hat die ersten Dämme gebrochen, sie war unser Instrument, um andere Menschen zu erreichen und mit Musik konnten wir Danke sagen.

Ein Slogan, den viele südafrikanische Chorleiter regelmäßig gemeinsam sprechen, beschreibt, wie aus vielen verschiedenen Stimmen eine Einheit wird:
»One voice – One song«. »One song – One voice«.

Die Stimmgabel übt auf alle eine besondere Faszination aus

Verschiedenheit

Was in Südafrika aufeinander traf, war zunächst allerdings deutlich mehr als nur 30 individuelle Stimmen. Aufeinander trafen zwei Musikstile, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Südafrikanische Rhythmen und deutsche Klassik. Die Notation der Lieder, sofern vorhanden, schien für die Sänger aus dem jeweils anderen Chor zunächst wie Hieroglyphen und auch die Art und Weise, wie wir an neue und unbekannte Lieder herangingen, waren ganz unterschiedlich. Während die Südafrikaner alleine durch das Hören der Musik neue Melodien aufschnappen konnten, wurden von uns deutschen Sängern ganze südafrikanische Lieder in unser Notensystem übersetzt.

Fühlst Du den Rhythmus?

Voneinander lernen

Was uns allerdings schon direkt am ersten Tag dazu befähigte, gemeinsam als ein Chor aufzutreten, war die Bereitschaft und der Wille einander zu begegnen, voneinander zu lernen und der Wunsch gemeinsam als Einheit aufzutreten. Die Begegnung und Faszination des jeweils anderen stand damit im Mittelpunkt und aus zunächst zwei total verschiedenen Musikstilen ist unser eigener Stil entstanden. Südafrikanische Lieder bekamen eine Klavierbegleitung und unsere deutschen Lieder profitierten von dem Schwung und Rhythmus der Südafrikaner.

Verknüpfen

So sind wir zwei Wochen lang gemeinsam als internationaler Chor durch den Osten von Südafrika getourt und hatten Konzerte in den unterschiedlichsten Gemeinden der MCSA in den Städten Johannesburg, Pretoria, Nelspruit und Durban. Durch unsere Lieder konnten wir viele Menschen erreichen, mitreißen und teilweise auch Personengruppen verschiedener Hautfarben zusammenbringen, die sonst im Alltag leider immer noch nicht viele Begegnungspunkte haben.

Neben den Konzerten gab es tagsüber genug Zeit bei gemeinsamen Ausflügen nicht nur das Land und die Leute, sondern auch uns gegenseitig besser kennenzulernen. Jeder von uns hatte seine eigene Geschichte und viele Orte wie das Apartheid Museum, der Kruger Nationalpark oder auch verschiedene Stopps auf der Panoramaroute waren nicht nur für uns, sondern auch für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Südafrika, neue Erfahrungen, die wir miteinander teilen durften und die wir, wären wir nicht gemeinsam unterwegs gewesen, vermutlich ganz anders wahrgenommen hätten. Hier noch einmal ein großes Dankeschön die MCSA, die alles vor Ort hervorragend organisiert hat.

Der gemeinsame Glaube schafft Verbindungen

Verändert

So ging eine Reise viel zu schnell zu Ende, die tausendmal wertvoller war, als jede Urlaubsreise. Doch ich bin mir sicher, sie war nur ein Kapitel eines Buches, dem noch viele weitere folgen werden. Wir würden uns alle sehr freuen, wenn in naher Zukunft auch wir Deutsche unseren neuen südafrikanischen Freunden etwas zurückgeben können, wir die Möglichkeit bekommen, ihnen unser Land zu zeigen und wir gemeinsam auch hier in Deutschland Menschen durch unsere Musik erreichen. Denn die Begegnungen mit den Menschen vor Ort war für beide Seiten überaus bereichernd. Nicht nur weil wir sowohl von den Gemeinden und den Gastfamilien überaus großzügige Gastfreundschaft erfahren haben, sondern auch, weil wir von unseren kulturellen Unterschieden lernen durften und unser Blick auf viele Dinge verändert wurde. Wir haben gelernt, dass es immer eine Lösung gibt, egal wie groß das Problem auch ist und dass wir »now, now« irgendwann auch ans Ziel kommen.

Während der Chorreise sind echte Freundschaften entstanden

Am Anfang unserer Reise wurden wir ermutigt, uns aufeinander einzulassen, uns zu öffnen und uns dadurch auch für die anderen verletzlich zu machen. Hätten wir dies nicht getan, wären wir am Ende nicht so reich beschenkt und mit vielen neuen Freunden im Gepäck nach Hause geflogen.

Ich möchte daher auch alle Leser heute ermutigen. Lasst uns von einem Land lernen, das von Verfolgung und Unterdrückung aufgrund von Hautfarbe und Herkunft geprägt ist. Lasst uns auch in Deutschland nicht zurückschrecken vor der Begegnung mit Menschen anderer Herkunft und Hautfarbe, sondern lasst uns profitieren von dem Erfahrungsschatz, den jeder einzelne mitbringt. Lasst uns in Liebe und Respekt einander gegenübertreten. Lasst uns von einem Land lernen, das trotz vieler offener Wunden, heute voll Lebensfreude gemeinsam auf den Straßen tanzt.

Malena Bernhardt (25 Jahre)