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Evangelisation und soziale Arbeit – Die EmK in der Region Kaliningrad-Oblast (Seite 1)

Im Oktober 2009 besuchte Uwe Hanis drei EmK-Gemeinden in Kaliningrad-Oblast. Hier sein Bericht über diese Reise

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Dass die Evangelisch-methodistische Kirche in Russland zu den "jungen Kirchen" zählt, merkt man in Kaliningrad-Oblast auf Schritt und Tritt. Gemeinsam mit Baptisten, Pfingstgemeinden, Lutheranern, freien Evangelischen verschiedenster Art - ein sehr buntes Bild protestantischer Frömmigkeitsformen - versucht die EmK, in dem Land, in dem sich die große Masse der Menschen als russisch-orthodox versteht und zugleich kaum mehr ein persönliches Verhältnis zu Glauben und Kirche hat, Menschen zum Glauben an Jesus einzuladen und Jüngerschaft praktisch zu leben. Dabei arbeitet die EmK mit deutlich bescheideneren Mitteln als die anderen protestantischen Gemeinden. Das merkt man zum Beispiel an den Gebäuden: Während die Baptisten und die Pfingstgemeinden im Zentrum der Städte große und einladende Kirchengebäude gebaut oder umgestaltet haben (oft mehrere pro Denomination), ist die EmK entweder - in der Stadt Kaliningrad - Gast in einer Schule oder sie - in Melnikovo und Sovietsk - verfügt über sehr einfache, schlichte Kirchengebäude am Ortsrand. 

Die große Herausforderung für die EmK in der Region Kaliningrad-Oblast ist es, zugleich offen und weitherzig mit anderen Denominationen zusammenzuarbeiten und gleichzeitig einen eigenen - methodistischen - Weg, auch in Abgrenzung gegenüber den großen und stark wachsenden Pfingstgemeinden, zu gehen. Der Schwierigkeit dieser doppelten Herausforderung sind sich die Geschwister in der Region immer bewusst. Sie entdecken dabei neu die methodistische Tradition als bereichernde Inspiration für ihre Gemeindearbeit: Kleingruppen zum Bibelstudium, zur gegenseitigen Hilfe und zum gemeinsamen Gebet für die Stadt, Evangelisation und soziale Arbeit als zwei sich gegenseitig bedingende Grundakzente kirchlicher Arbeit, Engagement besonders für die Schwachen und unter die Räder Gekommenen, Streben nach einem persönlichen Leben der sozialen Heiligung.

Bei meiner Reise wurde ich begleitet von Superintendent Andrei Kim aus Sankt Petersburg. Auch er muss, wie wir, Grenzen überwinden, wenn er die Region Kaliningrad-Oblast, die ja als russische Enklave von Polen und Litauen umgeben ist, besuchen will. Bemerkenswert war, wie stark er in allen drei Gemeinden der Region beheimatet ist, wie die Menschen ihn nicht nur kennen, sondern ihm vertrauen und ihm vertraut sind.

Die EmK in der Stadt Kaliningrad

Die EmK hat in den Städten neue Gemeinden gegründet, in denen es in der Zeit vor der sowjetischen Herrschaft, also in der deutschen Zeit, auch schon methodistische Gemeinden gegeben hat. Das sind

  • die Stadt Kaliningrad, also das ehemalige Königsberg,
  • das kleine Örtchen Melnikovo, etwa 30 km von Kaliningrad entfernt und
  • das ehemalige Tilsit, heute Sovietsk.

Alle drei Gemeinden verfügen über Partnerschaften mit EmK-Gemeinden in den USA, die pro Jahr 6.000 US Dollar, also etwa 4.000 EUR für die Gemeindearbeit zur Verfügung stellen. Von diesem Geld bestreitet die russische EmK alle Kosten für die Gemeinden inklusive der Pastorengehälter, des Unterhalts der Gebäude etc. Die Pastoren sind allesamt (derzeit 2, in Zukunft 3 in der Region) Lokalpastoren, die ein Gehalt von 200 US Dollar pro Monat bekommen (etwa 8.000 Rubel bei einem Durchschnittseinkommen in Kaliningrad von ca. 15.000 Rubel). Da die Pastoren mit ihren Familien davon nicht leben können, gehen sie neben ihrem Gemeindedienst jeweils noch anderen Erwerbsarbeiten nach. .  

Gottesdienst in Kaliningrad

Pastor in Kaliningrad ist Andrei Tishschenko, ein junger Mann, der vor einigen Jahren aus einer Pfingstgemeinde in die örtliche EmK gewechselt ist. So ist es vielleicht kein Wunder, dass sich unter den ca. 60 Personen, die sich zur Gemeinde halten, einige ehemalige Pfingstler befinden, die Andreis Weg mitgegangen sind. "Hier kann ich freier atmen", erklärte mir kurz und knapp eine ältere Dame den Grund für ihren Wechsel von der Pfingstgemeinde zur EmK. Und dann erzählte sie von den Zweifeln, die sie hatte, weil sich eine Geisttaufe bei ihr nicht einstellen wollte. Hatte sie wirklich das Heil? Oder fehlte ihr dazu etwas wesentliches? War sie wirklich angenommen von Gott? Für sie (und manch andere) ist es befreiend, die Liebe Gottes und das persönliche Heil zugesagt zu bekommen und einfach Jüngerin oder Jünger Jesu sein zu dürfen.

Die Gemeinde in Kaliningrad wurde in den 90er Jahren von einem russisch-koreanischen Missionar gegründet, und noch heute stammt rund die Hälfte der Mitglieder aus dieser Volksgruppe. So bildet die Gemeinde ein interessantes und dynamisches Gemisch aus einerseits Menschen, die tief verwurzelt im Methodismus sind und andererseits vielen neu Hinzugekommenen.

Fragt man nach den Prioritäten der Gemeinde, dann nennt Pastor Tishschenko drei Punkte:

  1. Evangelisation („Seelen retten“),
  2. Zellgruppen zum gemeinsamen Leben und Wachsen im Glauben und
  3. soziale Arbeit für die Armen. 

Die evangelistische Arbeit der Gemeinde geschieht durch Straßeneinsätze: Die Menschen werden direkt angesprochen und zu den Zellgruppen oder zum Gottesdienst eingeladen. Die Kleingruppen finden dann wöchentlich in den Wohnungen der Gemeindeleiterinnen  und -leiter statt und werden auch von ihnen vorbereitet und geleitet. Einer dieser Leiter – Grigor – soll ab dem nächsten Jahr Pastor für die kleine Gemeinde in Melnikovo werden und Andrei Tishschenko entlasten. Den Gottesdienst am Sonntag feiert die Gemeinde in Kaliningrad derzeit noch in einem Klassenzimmer einer örtlichen Schule. Aber mit Hilfe einer 200.000 US $-Spende der koreanischen methodistischen Kirche und eines Darlehens der EmK Eurasien konnte die Gemeinde nun ein ehemaliges Bürogebäude erwerben, das bis April zu einer Kirche umgestaltet werden soll. Die soziale Arbeit der Gemeinde geschieht durch die Verteilung von Lebensmitteln unter den Armen in der Stadt, durch Verteilung von Winterkleidung an Straßenkinder, durch die Unterstützung des lutherischen Waisenhauses in Kaliningrad und einer pfingstkirchlichen Einrichtung zum Drogenentzug in der Nähe von Kaliningrad.

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