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19.09.2018

Schritt für Schritt in die Zukunft

Das letzte Jahr hat einige Veränderungen für das Waisenhaus »Carolyn Belshe« in Cambine gebracht. Dabei verliert Renate Härtner die Zukunft nicht aus den Augen.

Weiteres fast fertiggestelltes Haus auf dem Waisenhausgelände.

Auch das vergangene Jahr war noch immer geprägt von Wiederaufbauarbeiten nach dem Zyklon im Februar 2017. Stück um Stück wurden und werden die beschädigten Gebäude wieder instand gesetzt. Ein weiteres Wohnhaus ist in der Endphase, es fehlen nur noch kleine Arbeiten, dann kann Direktorin Maravilha in dieses Haus umziehen, damit danach ihres in Angriff genommen werden kann.

Das neue Küchenhaus
im Vergleich zum Provisorium

Das neue, erweiterte Küchengebäude steht auch bereits, hier muss Claus Härtner noch knobeln, wie die Feuerstellen stabil und praktisch und ein Kamin für den Rauchabzug optimal gestaltet werden können. Im Moment kochen die Köchinnen im provisorischen Wellblech-Häuschen auf drei offenen Feuerstellen und lassen sich »räuchern«.

Familie vor

Ein struktureller Schwerpunkt im vergangenen Jahr war, verstärkt daran zu arbeiten, dass Kinder und Jugendliche in ihre Familien zurückkehren können, wenn das möglich ist. Für zwei Jungs haben wir in geradezu detektivischer Kleinarbeit Familienangehörige finden können, zu denen die mittlerweile 15-Jährigen keinerlei Kontakt hatten. Nun haben sie auf einmal Geschwister, Omas und Opas, Tanten und Onkels, Cousins und Cousinen. Auch wenn diese zwei (noch) nicht sofort in die Familien zurückkehren konnten, war es doch für die beiden ein einschneidendes Erlebnis, nicht »allein auf der Welt« zu sein und doch eine Familie zu haben.

Zwei jüngere Kinder wurde von ihren Angehörigen abgeholt und zwei 14-jährige Mädchen sind ebenfalls heimgekehrt.

Selbständigkeit lernen

Bevor es nachmittags zur Schule geht, gibt es ein Mittagessen

Eine Herausforderung für uns war die Frage, wie wir den jungen Erwachsenen (24-29) auf ihren eigenen Weg in ihre eigene Zukunft verhelfen können. Nach der Schule oder nach dem Studium hatten sie keinen Job gefunden und blieben oder kamen dann einfach wie selbstverständlich wieder ins »Casa Juvenil«, in das Jugendlichen-Haus etwa 500 m außerhalb des Waisen­hausgeländes, zurück. Aus ihrer Sicht eine verständliche Entscheidung: hier hat man sein Bett, immer etwas zu essen, viel Freiheiten und wenig Pflichten. Als sich auch nach vielen Gesprächen mit Appellen, ihr Leben in die Hand zu nehmen und Unterstützungsangeboten (so bekamen einige weitere Fortbildungs-Kurse und den Führerschein bezahlt) einfach nichts ändern wollte, blieb uns nur noch die Wahl, die paradiesischen Verhältnisse zu verschlechtern. Natürlich war keiner begeistert von unseren Plänen, das Casa Juvenil zu schließen, denn auf einmal hatten die Jungs nur die Wahl, entweder aufs Waisenhausgelände mit den »Kleinen« zurückzukehren oder ihr Leben endlich in die Hand zu nehmen. Aber siehe da: auf einmal hatten alle entweder eine Arbeit oder eine Unterkunft bei Familienangehörigen gefunden! Manchmal muss man eben einfach nur hart bleiben, damit etwas in Bewegung kommt.

So konnte die Anzahl der Kinder deutlich verringert werden und ich denke, wir werden diese Strategie weiterführen an strategischen Lebenspunkten (wie zum Bespiel am Ende der Schulausbildung oder bei Erreichen der Volljährigkeit). Leider ist die Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort nicht immer einfach, die Sachbearbeiterinnen des Sozialamts sind völlig überfordert mit der Vielzahl der Fälle, der Bürokratie und haben nicht einmal eigene Transportmöglichkeiten. So dauert vieles einfach länger, als es sollte und wir als Waisenhausteam versuchen so gut wie möglich zu unterstützen, indem wir zum Beispiel Fahrdienste zu den Familien anbieten.

Tragischer Unfall

Ein schlimmes Erlebnis für uns alle war der Verlust von Ricardo (29), unserem landwirtschaftlichen Arbeiter. Er war von einem Baum gestürzt und hatte sich den zweiten Halswirbel gebrochen. Eine solche Verletzung ist auch bei uns in Deutschland heftig und dass Ricardo das nicht überleben würde, war leider abzusehen. Bestürzt waren wir dennoch und gleichzeitig wieder beeindruckt, wie die Menschen in Mosambik mit dem Tod umgehen. Das Sterben ist wegen des mangelhaften Gesundheitssystems hier einfach an der Tagesordnung, auch von Kindern und jungen Menschen. Tod und Leben gehören hier viel mehr einfach zum Leben dazu.

Alltag

Ansonsten geht im Waisenhaus alles seinen gewohnten Gang, die Kinder haben ihren geregelten Tagesablauf, gehen morgens oder mittags (je nach Turnus) in die Schule, davor oder danach haben sie Hausaufgabenbetreuung, Die Kleinen unter sechs Jahren nehmen an einer Art Vorschulprogramm teil.

Von Anfang an müssen alle bei alltäglichen Arbeiten mit anfassen, wobei die Mädchen immer etwas mehr zu leisten haben als die Jungs. Ab einem bestimmten Alter waschen sie ihre Wäsche selbst (von Hand und mit kaltem Wasser), helfen in der Küche, auf der Machamba (auf den Feldern, wo Mais, Bohnen und Maniok angebaut werden) und beim Versorgen der Kleinen.

Am liebsten haben alle – wie in Deutschland auch – das Wochenende. Da haben alle etwas mehr Freiraum, es wird Fußball gespielt, durch den Busch gestromert, genäht (wenn ich Zeit habe) oder einfach nur »gechillt«.

Renate Härtner