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25.10.2016

Nähwerkstatt »Cambine Arts«

Alles begann mit einem Haufen alter Nähmaschinen, die irgendwo in einem Lagerraum herumstanden. Daraus entstand ein Nähprojekt mit begeisternden Ergebnissen. Missionarin Renate Härtner erzählt:

Renate, Cecilia, Maria und Claudia präsentieren die selbst genähten Taschen

Auf Nachfrage erfuhren wir, dass sämtliche Maschinen (mindestens 20), mechanische und elektrische, von amerikanischen Partnern gespendet worden waren, die auch die Renovierung eines Raumes als Nähwerkstatt veranlasst hatten. Allerdings waren seitdem schon einige Jahre vergangen, die Maschinen waren alle verstaubt, mit Spinnweben überzogen und von allerlei Insekten bewohnt. Also machte sich mein Mann Claus daran, alle nacheinander zu sichten, zu reinigen, zu warten und kaputte zu entsorgen – unsere Wohnung war über Wochen angefüllt mit Nähmaschinen.
Da ich früher selbst genäht habe, als unsere Kinder noch klein waren und Selbstgenähtes noch ohne Murren anzogen, packte mich doch die Lust, das alte Hobby wieder aufzunehmen und ein Nähprojekt zu starten. Mit Cecilia fand ich eine begeisterte Mitarbeiterin mit Näherfahrung und zusammen mit einer zweiten Frau, Florda, begannen wir zuerst damit, zu überlegen, was man denn nähen könnte. Die Märkte sind voll von Altkleidern, die günstig zu erwerben sind und keine von uns hatte die Erfahrung, eine Konfektionsschneiderei zu starten.

Aus dem inzwischen vielfältigen Sortiment von »Cambine Arts«

Regionale Materialien

So entstand die Idee, Taschen aus Capulana-Stoff zu nähen, aus den bunt bedruckten Stoffbahnen, die die Frauen in Afrika gerne als Wickelröcke verwenden. Ein Prototyp wurde entwickelt: außen Stoff, innen haben wir zur Verstärkung und um die Tasche ein wenig wasserfester zu machen, ein Stück Reissack eingeklebt. So konnten die Taschen günstig und mit lokal vorhandenem Material gefertigt werden. Ein Logo haben wir auch schnell gefunden und mit dem »Cambine Arts«-Aufnäher (den haben wir allerdings in Deutschland bestellt) ist jetzt jede Tasche ein Unikat.
Inzwischen arbeiten (außer mir) sechs Frauen im Nähprojekt. Wenn alle da sind, wird es schon ganz schon eng in der kleinen »Sala de Costura«. Ich mag die Atmosphäre im Nähraum; hier habe ich die Möglichkeit, direkt mit einheimischen Frauen zusammenzuarbeiten und mit ihnen eine gemeinsame Konzeption zu entwickeln. Ich mag das Palaver auf Xitswa, ab und zu bekomme ich auch eine Übersetzung auf Portugiesisch, manchmal stimmt eine ein Lied an. Einige sind Anfängerinnen und lernen im Projekt das Nähen, andere haben schon etwas Erfahrung. Für jedes fertige Produkt erhalten die Frauen einen Anteil am Verkaufserlös und haben so die Möglichkeit, etwas Geld für sich und ihre Familien zu verdienen.

Auch Cecila freut sich über die Verdienstmöglichkeiten durch die Näharbeiten

Verkaufsmöglichkeiten

Neben dem Kleben und Schneiden übernehme ich eher administrative Aufgaben wie Material einkaufen, neue Modelle finden, die Fertigung anleiten, die Qualität kontrollieren und für Absatzmärkte sorgen. Letztere fanden wir bisher hauptsächlich im Ausland: wir haben einiges während unseres Reisedienstes im Frühjahr in Deutschland verkauft und auch Besucher aus den USA kommen gerne bei uns vorbei. Inzwischen werden die Taschen aber auch in Cambine »trendy«, ganz langsam entwickelt sich ein einheimischer Markt. Zwei Jungs aus dem Waisenhaus zum Beispiel wollen drei mal unser Auto putzen, um am Ende eine Tasche als Lohn zu erhalten.
Vor kurzem haben wir mit dem Nähen von Hemden nach Maß aus traditionellen Stoffen begonnen. Aber auch kleine Accessoires wie Haarbänder, Täschchen und Etuis für Handys oder E-Book-Reader stoßen auf großes Interesse. Vielleicht können wir mit unserem Nähprojekt ein bisschen an frühere Zeiten anknüpfen, als Cambine eine tolle Schneiderei hatte; leider wurden damals die Räumlichkeiten für die Berufsschule gebraucht und die Werkstatt musste geschlossen werden…

Entwicklungschancen

Wir warten mit Vorfreude auf die Ankunft des Containers, in dem sich viele Spenden aus Deutschland befinden: Material wie z.B. Garn oder Stoffreste, außerdem weitere Nähmaschinen, zum Teil Industriemaschinen, die mit 220 Volt laufen. Für die amerikanischen Maschinen mit 110 V brauchen wir immer einen Transformator.
Es sieht so aus, als ob alle zufrieden sind: die Frauen sind dankbar, dass sie etwas lernen und Geld verdienen können, die Nähmaschinenspender wissen ihre Maschinen in Benutzung und ich freue mich, dass ich neben meiner Arbeit im Waisenhaus einem alten Hobby frönen kann. Vielleicht lässt sich in der Zukunft auch noch die Idee verwirklichen, Nähkurse für Frauen und Mädchen anzubieten, denn danach werden wir immer wieder gefragt. Und genügend Nähmaschinen haben wir ja jetzt.