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Das Freiwilligenprogramm der EmK-Weltmission ist seit 2015 nach dem »Handbuch Qualitätsentwicklung und Qualitätsmanagement für Freiwilligendienste im Ausland der Evangelischen Freiwilligendienste« zertifiziert

19.10.2020

Covid-19: Wie funktioniert jetzt Freiwilligendienst?

Diese Frage beschäftigt sowohl das Team der EmK-Weltmission als auch die ausgewählten Freiwilligen, die seit August auf ihre Ausreise warten. Anfang Oktober haben wir ein Vorbereitungsseminar gewagt.

Mit großen Erwartungen und vielen Fragen reisten wir Freiwilligen Anfang Oktober nach Wuppertal, zu unserem ersten Vorbereitungsseminar im Live-Format! Nachdem in einem ersten Online-Seminar zwar viele Fragen beantwortet und Themen umrissen werden konnten, technische Schwierigkeiten und ein bröckelnder Sound das Zuhören und Mitreden allerdings oft schwer gemacht hatten, freuten wir uns nun umso mehr darauf, die Menschen tatsächlich vor uns zu haben!

Die Unsicherheit bleibt

Acht ausreisewillige Freiwillige: (hinten v.l.n.r.: Marcel Burghardt (Namibia), Florentin Kanzleiter (Uruguay), Rosa Bühler (Lesotho), Joscha Reuther (Namibia); vorne v.l.n.r.: Lorenz Teutsch, Lucia Montgomery (beide Uruguay), Klara Diesler (Malawi), Jasmin Lieb (Uruguay)

Natürlich hatten wir alle eine Frage im Kopf: Wie geht es weiter? Hätten wir im August schon ausreisen sollen, so saßen wir jetzt, Mitte Oktober noch immer in Deutschland fest, unsicher, ob aus dem Freiwilligendienst nun überhaupt noch etwas werden kann. Das Gefühl, in der Luft zu hängen und die Zeit an sich vorbei streichen zu sehen, ist anstrengend – für uns alle.

Unsere Hoffnung, dass diese Frage nun endlich beantwortet werden könnte, wurde jedoch gleich zu Anfang enttäuscht: Deutschland hat mittlerweile einen Prüfkatalog erstellt, der als grundlegende Voraussetzung für eine Ausreise festlegt, dass keine Reisewarnung für das entsprechende Land besteht. Während damit die meisten afrikanischen Länder zunächst ausgeschlossen werden, ist das Problem in Uruguay eher das generelle Einreiseverbot von uruguayischer Seite. Beides kann sich allerdings jederzeit ändern - und somit bleibt es weiter spannend.

Ein verlorenes Jahr?

Es stellt sich die Frage, was wäre, wenn alles abgeblasen wird, keiner ausreist. Wären alle Seminare umsonst gewesen? Nein! Egal wie es ausgeht: wir haben viel gelernt – auch über uns selbst. Die Themen, die wir in der Woche besprochen haben, sind unglaublich aktuell – egal ob im Ausland oder hier: Intensiv setzten wir uns mit Rassismus auseinander – vor allem mit unserer Rolle als Weiße, sprachen über Geschlechterrollen und sexualisierte Gewalt, über Armut, Bildung und schließlich auch über die verschiedenen Gottesbilder, die jede*r von uns hat. Dabei ergaben sich tiefgehende und unglaublich lehrreiche Diskussionen, die weit über den vorgesehenen Zeitrahmen hinausgingen, manchmal sogar bis tief in die Nacht hinein. Verständlich, dass in uns oft eine gewisse Betroffenheit zurückblieb, die uns vieles hinterfragen ließ und hin und wieder Zweifel – an uns und unseren Einstellungen und Gewohnheiten – aufkommen ließ. In den Gesprächen entwickelten wir alle eine enorme Sensibilität, etwa für unterschwelligen Rassismus und Sexismus, vor allem in Bezug auf die Sprache. Was darf man noch sagen, was ist noch Humor? Und woher weiß ich, wann ich jemanden mit meinen Äußerungen verletzen könnte? Dass wir nach den Workshops oft mehr Fragen hatten als vorher, mag auf den ersten Blick verwirrend sein, zeigt aber, wie viel kritischer wir mit unseren eigenen Ansichten umgehen.

Es ging jedoch nicht nur um theoretische Themen. Auch über ganz Praktisches wurde gesprochen – so zum Beispiel über unsere SDG-Tätigkeiten. Da dieser Begriff normalerweise fragende Gesichter hinterlässt, hier eine kurze Erklärung: Die Abkürzung »SDG« steht für »Sustainable Development Goals« – also »nachhaltige Entwicklungsziele«.  Da wir momentan nicht ins Ausland gehen können, durften wir stattdessen selbst Ausschau nach Tätigkeiten suchen, um unseren Freiwilligendienst in Deutschland zu beginnen. Die Voraussetzung: Ein Bezug zu den SDGs muss gewährleistet sein, schließlich ist unser Freiwilligendienst ja entwicklungspolitisch.

Die meisten von uns hatten diese Möglichkeit in Anspruch genommen und so war es spannend zu hören, wie die anderen Freiwilligen von ihren gesammelten Erfahrungen in ganz unterschiedlichen Projekten – vom Kindergarten bis zur Arbeit mit Geflüchteten, vom Second-Hand-Kaufhaus bis zur entwicklungspolitischen Bildungsarbeit – berichteten.

So kann man abschließend festhalten, dass die Corona-Zeit, die vielen schwer zu schaffen gemacht hat, uns gelehrt hat, flexibel zu sein und sich damit zu arrangieren. Doch egal, was auch kommen mag, schauen wir Freiwilligen zuversichtlich auf die Zukunft und versuchen das Beste aus der Situation zu machen.

Florentin Kanzleiter und Lorenz Teutsch

Ein Einsatz im Rahmen des »weltwärts«-Programmes wird gefördert durch ENGAGEMENT GLOBAL mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

Für den Inhalt des Berichtes ist allein die EmK-Weltmission verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von ENGAGEMENT GLOBAL und dem BMZ wieder.