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28.05.2020

Anders als gewohnt - anders als üblich

Zippora Hochholzer-Klaiber studiert Sonderpädagogik in Ludwigsburg. Im Rahmen dieses Studiums hat sie ein dreiwöchiges Praktikum in Malawi absolviert. Hier berichtet sie von ihrer Zeit in einer Schule in Blantyre

Markt in Ndirande

Afrika hat mich schon eine Weile gereizt, weil ich das Gefühl hatte, so wenig über diesen großen Kontinent zu wissen. Wir reden über Afrika oft, als sei es ein Land. Doch dass Afrika aus 55 sehr unterschiedlichen Ländern besteht, das scheinen wir oft zu vergessen. Mich hat sehr interessiert, wie die Menschen dort leben.

Da Musik im Studium mein Hauptfach ist, habe ich mir im Vorfeld Dinge überlegt, die ich dort umzusetzen hoffte. Mit verschiedensten Impfungen im Blut und Ideen für Lieder, Body-Percussion und Instrumentenbau im Koffer, ging es Ende Februar los nach Malawi.

Ich war knappe vier Wochen an der Montessori Christian Primary & Nursery School in Blantyre. Hier werden knapp 70 Kinder, aus armen Verhältnissen, in fünf Klassen unterrichtet. Die erste Klasse hat ca. 25 Schülerinnen und Schüler und ein eigenes Klassenzimmer, während in den älteren Klassen jeweils ca. 10 Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden. Diese Klassen teilen sich einen Raum. Die pädagogische Arbeit an der Schule ist anders. Anders als ich es aus Deutschland kenne, aber auch anders, als es in Malawi üblich ist.

Unterschiedliche Lernmethoden

Montessori Christian Primary & Nursery School

In Malawi ist es an staatlichen Schulen üblich, dass bis zu 200 Kinder in einem Raum von einer Lehrkraft unterrichtet werden, an privaten Schulen sind Klassengrößen von 60-70 Schülerinnen und Schülern normal. Es ist auch noch üblich, dass die Lehrerinnen und Lehrer mit einer Art Rohrstock ausgestattet sind, und sie diesen auch zum Einsatz bringen, auch wenn das eigentlich seit einigen Jahren nicht mehr erlaubt ist. An der Montessori School habe ich weder einen Rohrstock gesehen, noch wurden die Kinder geschlagen. Das ist für malawische Verhältnisse sehr innovativ und fortschrittlich.

Innovativ sind auch die individuellen Lernzeiten, in denen die Schülerinnen und Schüler sich mit Materialien, die aus der Montessoripädagogik stammen, beschäftigen. Diese Arbeitsphase, die zu Beginn des Tages stattfindet, ist eine angenehme Abwechslung zum ansonsten stattfindenden Frontalunterricht, an dessen Ende meist lange Heftaufschriebe stehen. Diese Heftaufschriebe sind aber nötig, da es keine Arbeitsblätter oder Schulbücher gibt.

Teacher Elizabeth und Zippora Hochholzer-Klaiber

Die ersten Tage wollte ich beobachten. Mit der Zeit habe ich dann immer mal wieder eine kleine Unterrichtseinheit übernommen, meist in Englisch. In meinen Unterrichtsversuchen wollte ich gerne mit den Schülerinnen und Schülern ins Gespräch kommen. Diese Art zu unterrichten waren die Kinder jedoch überhaupt nicht gewohnt und so war ein Unterrichtsgespräch kaum möglich. Von meinen mitgebrachten Ideen konnte ich leider nur wenig umsetzen, denn es stellte sich heraus, dass Examen bevorstanden und das bisher Gelernte wiederholt und geübt wurde. Für den musikalisch-künstlerischen Bereich war momentan kaum Zeit.

Arbeit mit Menschen mit Behinderung

Der Träger der Schule hat noch einige weitere Projekte. Eines davon ist die physische Arbeit mit Kindern mit einer Behinderung in Ndirande. Ndirande ist eines der größten Townships Zentralafrikas. Es wird geschätzt, dass über 250.000 Menschen in Ndirande leben. An einem Tag habe ich zwei junge Frauen begleitet, die diese Arbeit machen. Sie besuchen pro Tag 3-4 Kinder in ihrem Zuhause und machen Körperübungen mit ihnen. Es war sehr bereichernd, ihre Arbeit zu sehen, und wie sie mit den Kindern und ihren Familien verbunden sind, da sie seit mehreren Jahren wöchentlich vorbeikommen. Für mich war es auch sehr eindrücklich, durch Ndirande zu laufen und zu sehen wie die Menschen dort leben, weil das die Wohnverhältnisse sind, in denen der Großteil der malawischen Bevölkerung lebt und die so ganz anders sind als meine Wohnverhältnisse in Malawi und noch viel mehr, als die zuhause in Deutschland.

Verabschiedung

Der Abschied war schön, alle möglichen Lehrerinnen der Schule wollten noch Bilder mit mir machen und die Kinder haben mir ein Lied gesungen. Wenige Tage später wurden auch in Malawi alle Schulen wegen der Corona-Pandemie geschlossen.

Ich bin sehr dankbar, für die Möglichkeit dieses Praktikums. Es hat meinen inneren Blick geweitet, für fast vier Wochen in Malawi zu wohnen und dabei nicht nur touristisch unterwegs zu sein, sondern auch in das Alltagsleben hinein zu tauchen.

Zippora Hochholzer-Klaiber