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Internetseite der EmK Ungarn [siehe]

14.11.2017

Grenzen überwinden, ohne sein Land zu verlassen

Ungarn ist in mancher Hinsicht ein gespaltenes Land. Es gibt neben reichen und gut situierten Menschen auch sehr arme und ausgegrenzte Teile der Bevölkerung. Wie die EmK in Ungarn auf diese Herausforderung reagiert, darüber berichtet Bence Vigh, Pastor der EmK

Bence Vigh, ein Pastor der EmK in Ungarn als Pendler zwischen zwei Welten

Mit seinen 31 Jahren gehört Bence Vigh zu den jungen Pastoren der EmK in Ungarn. Und weil er auch für die Jugendarbeit seiner Kirche zuständig ist, weiß er erst recht darum, wie die Digitalisierung auch in Ungarn die Menschen zunehmend prägt. Er kennt er aber auch ein ganz anderes Ungarn, gehört zu seinem Bezirk Kaposvar doch die Roma-Gemeinde in Kürtöspuszta. Und so fragt er sich manchmal: »Wie viele ›Ungarns‹ gibt es? Wie viele Leute, Lebensstandards, Realitäten? Ich kenne ein Ungarn, das so anders ist als das ›meinige‹. Es ist ein Kulturschock, dort anzukommen, obwohl es nur zehn Kilometer entfernt ist.«

Man spürt die Spannung, in der er steht, während er fortfährt: »In diesem anderen Ungarn können die Menschen im Winter nur einen Raum heizen, und die ganze Familie lebt dort. Es gibt kein Geschäft. Da ist nur das ›Lebensmittel-Auto‹, das regelmäßig vorbeikommt und Waren zu überhöhten Preisen verkauft. In diesem anderen Ungarn hat niemand Arbeit, und nicht einmal im Papierkorb findet man etwas zu essen. Dafür riskiert man, inhaftiert zu werden, wenn man für seine Familie Brennholz sammelt. Das nächste Krankenhaus ist 30 Kilometer entfernt, und der Bus fährt lediglich zweimal täglich dorthin und wieder zurück. In diesem anderen Ungarn leben 20 Menschen in einem kleinen Haus, weil das Leben auf diese Weise billiger ist.«

Gemeinsam spielen und austauschen, Beziehungen stärken - zwei Roma-Mädchen in Kürtöspuszta sind dankbar für die Aktivitäten der EmK in ihrem Dorf

Bence Vigh ist oft in Kürtöspuszta – am Sonntag zum Gottesdienst und auch ein- bis zweimal unter der Woche. Dann erzählt er Kindern aus der Bibel, erteilt ihnen Gitarren-Unterricht und spricht mit ihnen über die christlichen Aussagen in den Liedern, die er sie lehrt. Nachdenklich sagt er: »In diesem anderen Ungarn gibt es Kinder, die bellen können, bevor sie sprechen lernen. Zwar ist die Mehrheit der Bevölkerung jünger als 14 Jahre – aber es gibt keinen Kindergarten, keine Schule, keinen Arzt. In diesem anderen Ungarn ist jedes Kind mehrfach benachteiligt. Es gibt keine Schreibtische, Bücher oder Farbstifte.«

Zuwendung schenken, Zuwendung erhalten - ein Roma-Mädchen in Kürtöspuszta spielt mit einem kleinen Hund.

Die EmK führt jeden Sommer Lager durch, in denen die Kinder spielen, basteln, lachen, singen und Geschichten hören. In diesen Freizeiten erfahren die Kinder auf besondere Weise Wertschätzung und Liebe, und sie lernen auch viele Dinge, die für ihre persönliche Entwicklung und für das soziale Zusammenleben wichtig sind. »Da ist die Hoffnung, dass diese kleinen Pflanzen im Gegenwind des Lebens gedeihen werden. Aber auch das Wissen: In diesem anderen Ungarn sind Diebstähle an der Tagesordnung, und es gibt keinen Grund, Geflügel aufzuziehen, einen Gemüsegarten anzupflanzen oder Blumen zu säen. In diesem anderen Ungarn wird das Geld jedes neuen Monats zuerst einmal dazu verwendet, um Schulden zu verzinsen oder abzuzahlen. Es gibt in vielen Häusern weder Wasser noch Strom, und Benzin ist überhaupt nirgends zu finden. In diesem anderen Ungarn resignieren Teenager, weil sie keine Hoffnung mehr haben.«

Wie viele Menschen wohl hier leben mögen? Von wie vielen schrecklichen Erfahrungen, die sie machen, wird nie jemand etwas erfahren? Wer weiß, was hier getan werden soll? Wer will überhaupt noch irgendetwas tun? Regelmäßig bringen Menschen der EmK Kleider, Lebensmittel, Schreibmaterial und andere Dinge nach Kürtöspuszta. Ihr Ziel besteht aber nicht nur darin, unmittelbare Notsituationen abzuwenden, sondern echte Zukunftsperspektiven zu eröffnen.

Bence Vigh meint dazu: »Ein anderes Ungarn. Ich bin dort gewesen. Ich kehre immer wieder zurück. Mit einem gewissen Unbehagen und einer Unruhe im Herzen. Vielleicht kommt dies auch von Gott, der mich ruft, über mein Leben und meine Möglichkeiten nachzudenken, zurückzukehren, etwas zu tun. Und der mich erkennen lässt: Ich finde Christus auch in diesem anderen Ungarn!«

Urs Schweizer
Geschäftsführer des Fonds Mission in Europa