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Liberdade: Freude uns Anerkennung [siehe]

Kaiowá-Projekt Tapepora Dourados [siehe]

27.08.2022

Hoffnung in schwierigen Zeiten

Bis zu 30% Prozent weniger Einnahmen als vor der Covid19-Pandemie, nach wie vor pandemiebedingte Einschränkungen bei der Arbeit der Gemeinden sowie große Unsicherheit angesichts der wirtschaftlichen und politischen Situation im Lande – das ist die Lage, in der sich die methodistische Kirche in Brasilien befindet.

Die Musikgruppe in Liberdade bringt eine Kostprobe ihres Könnens dar.

Dieses Jahr konnte ich zusammen mit meinem Nachfolger Olav Schmidt unsere Partnerkirche in Brasilien und einige der dort von uns unterstützten Projekte besuchen. Schnell wurde uns deutlich, dass die Lage sowohl im Land als auch in der Kirche aus oben genannten Gründen durchaus als schwierig zu bezeichnen ist.

Dennoch – oder gerade deswegen? – erlebten wir viele Mitarbeitende, die mit großem Elan an der Arbeit sind und sich für die Kinder und Jugendlichen in ihren Projekten enorm einsetzen. Und es sind vornehmlich Projekte der offenen Kinder- und Jugendarbeit, die wir als EmK-Weltmission auf Bitten der methodistischen Kirche in Brasilien finanziell unterstützen.

Gute Ergänzung zur Schule

Das Projekt Liberdade in einem Vorort der Millionenstadt Belo Horizonte ist eines der ältesten Projekte. Vor über 20 Jahren in einem neu entstehenden Viertel am Rande der Stadt gegründet, unterstützt es bis heute täglich weit über 50 Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung. Die Grundlage bzw. die Rahmenbedingungen sind bei vielen Projekten die gleichen: Weil sich vielerorts in Brasilien zwei Klassen das Klassenzimmer teilen müssen, verbringen die Schulkinder in fast allen staatlichen Schulen nur vier Stunden pro Tag dort. Morgens gehen die jüngeren Jahrgänge, nachmittags die älteren zur Schule. In manchen Schulen gibt es sogar drei »Schichten«. Hier setzt die Arbeit von »Liberdade« und ähnlichen Projekten an. Am Vormittag werden die älteren Kinder betreut: Es gibt Hausaufgabenhilfe, Spielangebote, Kunst, Kultur und Sportmöglichkeiten, eine Art kirchlichen Unterricht und bei Bedarf auch Nachhilfe. Zum Mittagessen kommen dann die jüngeren Kinder aus der Schule dazu. Anschließend gehen die Älteren zur Schule und für die Jüngeren gibt es – auf das Alter zugeschnitten – die gleichen bzw. ähnliche Angebote.

Ehrenamt großgeschrieben

Auffällig ist, dass neben der hauptamtlichen Leitung fast alle freiwilligen Helfer*innen selbst früher im Projekt dabei waren und unterstützt wurden. Das schafft natürlich Nähe und Verbindung, da die freiwilligen Helfer die Situation der Kinder und Jugendlichen aus eigener Erfahrung kennen und damit auch sehr gezielt auf deren Bedürfnisse eingehen können. Und es zeigt außerdem, wie erfolgreich diese Arbeit ist. Alle Freiwilligen haben nach der Schule eine Ausbildung oder ein Studium absolviert. Sie sind finanziell inzwischen so abgesichert, dass sie diese freiwillige Mitarbeit »leisten« können.

In unregelmäßigen Abständen erhalten die indigenen Völker Lebensmittel vom Staat. Das Problem von fehlenden Bildungsmöglichkeiten und Arbeitsstellen wird damit jedoch nicht gelöst.

Gemeinsam mit den Kaiowá

In Dourados, einer Stadt in der Provinz Matto Grosso in der Nähe der Grenze zu Paraguay, unterstützen wir seit über vier Jahrzehnten das Programm »Tape porã« (übersetzt »Ein guter Weg«). Dort lebt das indigene Volk der Guarani-Kaiowá in einer Art Reservat. Die Landschaft außerhalb des Reservats ist geprägt von industrieller Landwirtschaft, im Reservat wird kleinbäuerliche Landwirtschaft betrieben. Aufgrund des Bevölkerungswachstums finden aber immer weniger Jugendliche hier eine eigene Basis und müssen sich um Jobs außerhalb des Reservats bemühen. Viele Familien der Guarani-Kaiowá leben am Existenzminimum. Der Staat versucht zwar zu helfen, macht das aber weder nachhaltig noch systematisch. Während unseres Besuches wurden von einer staatlichen Hilfsorganisation für indigene Menschen Lebensmittel verteilt. Dies geschieht zwei bis vier Mal im Jahr (je nach Finanzsituation des Staates), ist aber weder für die Menschen berechenbar noch hilft sie, das eigentliche Problem zu lösen. Nötig wäre es, die Bildungsmöglichkeiten im Reservat zu verbessern und vor allem Jobs zu schaffen. Beides wird aber von den staatlichen Stellen so gut wie nicht angegangen.

Jahrelange Partner

Die methodistische Kirche in Brasilien arbeitet schon lange mit den Guarani-Kaiowá. Zum einen werden – ähnlich wie oben beschrieben – die Kinder und Jugendlichen durch verschiedene Aktivitäten in den Bereichen schulische Hilfen, Sport und Kulturangebote unterstützt. Zum anderen sieht sich der Leiter des Programms, Ronaldo Arevalo, der selber zum Volk der Guarani-Kaiowá gehört und in bzw. mit dem Projekt groß geworden ist, auch als Anwalt seines Volkes und versucht, mit Unterstützung der Gesamtkirche, wo möglich politischen Einfluss zu nehmen. Ich war beeindruckt von seinem Engagement und seinem Optimismus, der klar aus seinem Glauben gespeist wird. Auch in seiner Person und seiner Arbeit, die ebenfalls zusammen mit vielen Freiwilligen geschieht, zeigt sich eine christliche Hoffnung in schwierigen Zeiten.

Auch im Namen aller Mitarbeitenden und zuständigen Bischöfe, die wir getroffen bzw. gesprochen haben, danke ich recht herzlich für all Ihre Unterstützung dieser Projekte, die große Hoffnung in das Leben von sehr vielen Menschen bringen.

Frank Aichele